Meine Organisation, LWD, hat es zur Zeit nicht leicht. Wir haben 246 Mitarbeiter, sechs große Projektgebiete und ein Jahresbudget von 2,1 Mio USD. Das Problem ist, dass für nächstes Jahr 650.000 USD fehlen, weil einige Geber (u.a. die EU und die USA) die Finanzhilfen gestrichen haben. Das Management stand daher vor einer sehr unangenehmen Entscheidnung: Zwei Projekte (genannt IRDEPs - Integrated Rural Development through Empowerment Programs) schließen oder massiv Verwaltungskosten sparen und die gesamte Organisation umstrukturieren, was auch zahlreiche Entlassungen mit einschließt.
Anscheinend wurde auch in Betracht gezogen, LWD ganz aufzugeben, aber ich persönlich kann mich nur schwer vorstellen, dass das wirklich eine Option war.
Nach ausgiebigen Beratungen entschied sich das Management für die zweite und meiner Ansicht nach bessere Alternative, da unser erklärtes Ziel ja ist, das Leben der Ärmsten unter der Landbevölkerung zu verbessern und dem Management somit die Fortführung aller sechs Projektgebiete sehr wichtig ist. Das bedeutet aber auch, dass wir zum 31. Januar nächstes Jahres 85 Mitarbeiter entlassen müssen.
Seitdem dies vor zwei Wochen bekannt gegeben wurde, sprechen meine Kollegen von fast nichts anderem mehr. So gut wie niemand weiß, ob er seinen Job behält, alle müssen sich neu bewerben. Unsere Buchhaltungsabteilung wird beispielsweise von fünf auf zwei Stellen gekürzt. Die Kollegen, die jetzt dort arbeiten, können sich entweder auf die zwei Stellen bewerben oder gleich nach was anderem umsehen. Für einige wird das allerdings alles andere als leicht: Manche der Mitarbeiter in den Projekten sind schon seit Jahrzehnten bei LWD angestellt, haben keinerlei Englischkenntnisse und verfügen nur über geringe Qualifikationen. Einen Job bei einer anderen NGO zu finden, dürfte für sie schwierug werden, weshalb im Moment viele sehr aufgebracht sind, das Management beschuldigen oder dessen Rücktritt fordern.
Mr. Vuthy, der Leiter der Personalabteilung, sagte mir aber auch, dass über eine Umstrukturierung schon seit Jahren nachgedacht wird, da Teile der Organisation nicht effektiv genug arbeiteten. Er erzählte, dass es in den Projekten zu viele Mitarbeiter gebe, die zu wenig Verantwortung hätten, und dass einige von ihnen sich recht beharrlich sträubten, mehr Aufgaben zu übernehmen. (Er hat dabei eine so witzige Art, die Angestellten nachzumachen, dass man sich das Lachen nicht verkneifen kann, obwohl es sich ja eigentlich um eine sehr ernste Angelegenheit handelt. Aber in Kambodscha ist das zum Glück ok.) Mit dem stark geschrumpften Budget für nächstes Jahr lässt sich die Rationalisierung nun nicht mehr länger hinausschieben.
Die Gründe für die Kürzung der Finanzhilfen sind mir leider nicht vollkommen klar, auch die Kollegen in meiner Abteilung sind darüber nicht informiert. Sie gehen aber davon aus, dass es mit der anhaltenden Eurokrise und den Haushaltsproblemen der USA zusammenhängt, da auch andere NGOs von ähnlichen Problemen betroffen sind. Unser Executive Director Dr. Sam Inn gibt sich wahrscheinlich dennoch einen Teil der Schuld und hat bereits seinen Rücktritt angekündigt. Ein Nachfolger ist, soweit ich weiß, noch nicht in Sicht. Bleibt nur zu hoffen, dass LWD ab nächstem Jahr auch mit reduzierter Belegschaft die Projekte weiter voranbringen kann.
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